Rückseite des Schwerbehindertenausweises mit Merkzeichen

Wann gibt es welches Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis?

Hier werden die Voraussetzungen für die Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis vorgestellt. Denn auch hierzu gibt es klare Regelungen in der Versorgungsmedizinverordnung für die folgenden Merkzeichen:

  • aG – außergewöhnliche Gehbehinderung
  • B – Begleitung, Begleitperson
  • Bl – blinde und sehbehinderte Menschen
  • G – Gehbehinderung
  • Gl – Gehörlos
  • H – Hilfslos
  • RF – Ermäßigung vom Rundfunkbeitrag
  • TBl – taubblinde Menschen

aG – außergewöhnliche Gehbehinderung

Die Zugangsvoraussetzungen für das Merkzeichen aG sind mit schwersten Einschränkungen in der Mobilität verbunden. Mit dem Bundesteilhabegesetz wurden 2017 viele überholte Formulierungen aus dem Gesetz gestrichen. Seitdem finden sich in den Formulierungen nicht nur Beispiele, denen ein Bein amputiert wurde und Querschnittsgelähmte sondern auch weitere Krankheitsbilder, die den Betroffenen maximal nur noch wenige Schritte unter großen Mühen oder nur mit fremder Hilfe zu Fuß ermöglichen.

Außergewöhnlich gehbehindertsind Personen mit einer mobilitätsbezogenen Teilhabebeeinträchtigung, die einem GdB von mindestens 80 entspricht. Diese liegt vor, wenn sich schwerbehinderte Menschen wegen der Schwere der Beeinträchtigung dauernd nur mit fremder Hilfe oder mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können.
Hierzu zählen insbesondere Menschen, die aufgrund der Beeinträchtigung der Gehfähigkeit und Fortbewegung – dauerhaft auch für sehr kurze Entfernungen – aus medizinischer Notwendigkeit auf die Verwendung eines Rollstuhls angewiesen sind.

Quelle: ZBFS

Führt eine der unten aufgeführten Erkrankungen zu einem Grad der Behinderung von mindestens 80, der sich auf die Gehfähigkeit bezieht, dann ist das Merkzeichen aG zu vergeben.

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Es kommt für das Merkzeichen aG darauf an, dass der GdB 80 ausschließlich für eines der folgenden Krankheitsbilder vergeben wurde und das nicht in Kombination mit weiteren Symptomen.

  • Gangstörungen mit neurologischen Ursachen und verbunden mit der Unfähigkeit, ohne Unterstützung zu gehen oder die eine dauerhafte Rollstuhlbenutzung notwendig machen (z.B. Querschnittslähmung, Multiple Sklerose, ALS, Parkinson)
  • Funktionsverlust beider Beine ab Oberschenkelhöhe
  • Funktionsverlust eines Beines ab Oberschenkenhöhe ohne Möglichkeit einer prothetischen oder orthetischen Versorgung
  • schwerste Einschränkung der Herzleistungsfähigkeit
  • schwerste Gefäßerkrankungen, z.B. arterielle Verschlußerkrankung
  • nicht ausgleichbare Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades
  • schwerste Beeinträchtigung bei metastasierenden Tumorerkrankungen

B – Begleitung, Begleitperson

Das Merkzeichen B wird mit dem Merkzeichen „G“, „Gl“ oder „H“ vergeben, wenn bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig fremde Hilfe notwendig ist.

Bl-Blindheit und hochgradige Sehbehinderung

Das Merkzeichen Bl wird bei folgenden gesundheitlichen Einschränkungen vergeben:

  • vollständig fehlendes Augenlicht
  • Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht beidäugig mehr als 0,02 (1/50)
  • oder wenn andere Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorliegen, dass sie dieser Beeinträchtigung der Sehschärfe gleichzustellen sind.

Eine der Herabsetzung der Sehschärfe auf 0,02 (1/50) oder weniger gleich zusetzende Sehbehinderung liegt dann in folgenden Fällen vor:

  • bei Einengung des Gesichtsfelde
  • wenn bei einer Sehschärfe von 0,033 (1/30) oder weniger die Grenze des Restgesichtsfeldes in keiner Richtung mehr als 30° vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50° unberücksichtigt bleiben
  • wenn bei einer Sehschärfe von 0,05 (1/20) oder weniger die Grenze des Restgesichtsfeldes in keiner Richtung mehr als 15° vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50° unberücksichtigt bleiben
  • wenn bei einer Sehschärfe von 0,1 (1/10) oder weniger die Grenze des Restgesichtsfeldes in keiner Richtung mehr als 7,5° vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50° unberücksichtigt bleiben
  • bei normaler Sehschärfe, wenn die Grenze der Gesichtsfeldinsel in keiner Richtung mehr als 5° vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50° unberücksichtigt bleiben
  • bei großen Skotomen im zentralen Gesichtsfeldbereich, wenn die Sehschärfe nicht mehr als 0,1 (1/10) beträgt und im 50°-Gesichtsfeld unterhalb des horizontalen Meridians mehr als die Hälfte ausgefallen ist
  • bei homonymen Hemianopsien, wenn die Sehschärfe nicht mehr als 0,1 (1/10) beträgt und das erhaltene Gesichtsfeld in der Horizontalen nicht mehr als 30° Durchmesser besitzt
  • bei bitemporalen oder binasalen Hemianopsien, wenn die Sehschärfe nicht mehr als 0,1 (1/10) beträgt und kein Binokularsehen besteht.

G – erhebliche Gehbehinderung

Als ortsübliche Wegstrecke gilt eine Strecke von etwa zwei Kilometern, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird.

Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens sind als erfüllt anzusehen, wenn

  • auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule, die für sich einen GdB von wenigstens 50 ergeben
  • bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, z. B. bei Versteifung des Hüftgelenks, Versteifung des Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40
  • auch vor allem bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 und bei Atembehinderungen mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion wenigstens mittleren Grades
  • auch bei anderen inneren Erkrankungen mit einer schweren Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit, z. B. chronische Niereninsuffizienz mit ausgeprägter Anämie.

H – Hilflosigkeit

Bei einer Reihe schwerer Behinderungen, die aufgrund ihrer Art und besonderen Auswirkungen regelhaft Hilfeleistungen in erheblichem Umfang erfordern, kann im Allgemeinen ohne nähere Prüfung angenommen werden, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen von Hilflosigkeit erfüllt sind.

Hilfos sind Personen, die infolge von Gesundheitsstörungen für eine Reihe von häufg und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Dies ist auch erfüllt,
wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist.
Bei Kindern gelten für das Merkzeichen H besondere Kriterien.

Quelle: ZBFS

Dies gilt

  • bei Blindheit und hochgradiger Sehbehinderung (entspricht dem Merkzeichen Bl)
  • Querschnittslähmung und anderen Behinderungen, die auf Dauer und ständig – auch innerhalb des Wohnraums – die Benutzung eines Rollstuhls erfordern (entspricht dem Merkzeichen aG)
  • bei Hirnschäden, Anfallsleiden, geistiger Behinderung und Psychosen, wenn diese Behinderungen allein einen GdS von 100 ergeben
  • bei Verlust von zwei oder mehr Gliedmaßen, ausgenommen beidseitige Unterschenkel- oder Fußamputation. Als Verlust einer Gliedmaße gilt der Verlust mindestens der ganzen Hand oder des ganzen Fußes
  • bei dauerndem Krankenlager, dies setzt nicht voraus, dass der behinderte Mensch das Bett überhaupt nicht verlassen kann.

GI – Gehörlosigkeit

Das Merkzeichen Gl wird vergeben bei

  • bei vollständiger oder beidseitiger Taubheit
  • bei an Taubheit grenzender beidseitiger Schwerhörigkeit, wenn zusätzlich schwere Sprachstörungen (schwer verständliche Lautsprache, geringer Sprachschatz) vorliegen. In der Regel ist das der Fall, wenn die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit angeboren ist oder in der Kindheit erworben wurde.

RF – Ermäßigung vom Rundfunkbeitrag

Das Merkzeichen RF zur Ermäßigung des Rundfunkbeitrags erhalten Menschen, die wegen ihrer Einschränkungen an öffentlichen Veranstaltungen grundsätzlich nicht teilnehmen können. Der GdB muss mindestens 80 betragen. Auch mit Hilfe einer Begleitperson und Hilfsmitteln (z. B. Rollstuhl, Inkontinenzartikel) darf eine Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen nicht möglich sein.
Das Merkzeichen RF wird außerdem an blinde Menschen und ab einem von mindestens GdB 60 wegen Sehbehinderung oder ab GdB 50 wegen Hörbehinderung vergeben.

TBl – Taubblind

Das Merkzeichen TBl für taubblind erhält, wer wegen einer Störung der Hörfunktion mindestens einen GdB von 70 und zugleich wegen einer Störung des Sehvermögens einen GdB von 100 hat.

Quellen: https://www.gesetze-im-internet.de/  und ZBFS, gelesen am 04.01.2022

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Über Jochen Radau

Studium der Sozialpädagogik in Würzburg und Studium der Medizintechnik in Ulm, seit 20 Jahren psychosozialer Berater bei der DMSG im Landesverband Bayern, dort auch Onlineberater. Betreiber und Redakteur dieses und weiterer Blogs zu den Themen Schwerbehinderung und Pflegeversicherung. Weiterqualifikationen in systemischer Beratung und vielen Themen des Sozialrechts.