Vortritt bei Besucherverkehr in Behörden?

Bei einer festgestellten Schwerbehinderung, also ab einem GdB von 50, besteht das Recht auf Vortritt bei Besucherverkehr in Behörden. So steht es in vielen Landesgesetzen, wie z.B. in Paragraf 7, Absatz 2 der Allgemeinen Geschäftsordnung des Freistaates Bayern.

„Werdende Mütter, Besucher mit Kleinkindern, Schwerbehinderte und Bürger, denen aus ersichtlich gesundheitlichen Gründen keine längere Wartezeit zugemutet werden kann, haben den Vortritt vor anderen Besuchern. Hierauf soll in den Wartebereichen gut sichtbar hingewiesen werden.“

Mir ist im Wartebereich des Bürgerbüros Würzburg bisher noch kein gut sichtbarer Hinweis aufgefallen. Auch auf der Internetseite der Stadt habe ich nichts dazu gefunden.

Eine Behörde ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung übernimmt:

Werbung
  • Krankenkassen
  • Versicherungsämter
  • Einwohnermeldeamt und Personalausweisstelle
  • Führerscheinstelle
  • usw.

Zu dem Zeitpunkt, in dem ich diesen Artikel schreibe, haben wegen der Gefährdung durch den Corona-Virus die meisten Behörden den Besucherverkehr stark eingeschränkt. Persönliche Vorsprachen sind nur auf unaufschiebbare Fälle und in begrenzter Zahl möglich. Die Arbeitsagenturen und Jobcenter haben sogar den offenen Kundenverkehr eingestellt bzw. ermöglichen diesen nur im Notfall.

Nur für die wenigsten Angelegenheiten ist eine persönliche Vorsprache notwendig

Viele Anträge können rein auf dem schriftlichen Wege vorgenommen werden, wie auch der Antrag auf Feststellung der Behinderung oder der Merkzeichen. Selbst die Begutachtung geschieht hier auf Basis der vorliegenden medizinischen Unterlagen. Eine persönliche Begutachtung kommt hier nur im Ausnahmefall vor. Eine persönliche Vorsprache ist auch bei anderen Leistungen wie z.B. dem Antrag auf Arbeitslosengeld, Wohngeld und auch der Grundsicherung und dem Arbeitslosengeld II nicht notwendig.

Geht es dagegen um die Abholung eines Personalausweises oder Führerscheins, so ist immer eine Abholung auf persönlichem Wege notwendig, die aber auch ein bevollmächtigter Vertreter erledigen kann. Gleiches gilt für die An- oder Abmeldung eines Kraftfahrzeugs.

Vielleicht lassen sich viele Anträge und Behörderngänge künftig noch öfter mit Hilfe des Personalausweises mit Online-Funktion stellen. Nach einem Artikel der in der c’t 4/2020, erschien, könnte dem seit 2010 herausgegebenen Personalausweis mit Online-Funktion doch noch in Kürze ein Durchbruch gelingen. Bis 2022 verplichtet das Online-Zugangsgesetz (OZG) Bund und Länder dazu, rund 570 Verwaltungsleistungen online zugänglich zu machen.

Werbung

Über Jochen Radau

Studium der Sozialpädagogik in Würzburg und Studium der Medizintechnik in Ulm, seit 20 Jahren psychosozialer Berater bei der DMSG im Landesverband Bayern, dort auch Onlineberater. Betreiber und Redakteur dieses und weiterer Blogs zu den Themen Schwerbehinderung und Pflegeversicherung. Weiterqualifikationen in systemischer Beratung und vielen Themen des Sozialrechts.